Liebe Lehrer/innen, liebe Erzieher/innen,
Mithilfe dieser Broschüre möchten wir Sie nicht nur mit dem Thema des Typ-1-Diabetes im Allgemeinen vertraut machen und Ihre Fragen beantworten, sondern Ihnen insbesondere auch zu einem besseren Verständnis dieser Erkrankung verhelfen und sowie einige praktische Empfehlungen zum Umgang mit an Diabetes leidenden Kindern/Jugendlichen im Schulalter in Ihrer Unterrichtsklasse an die Hand geben.
Wie wir alle wissen, stellt die Schulzeit eine wichtige Phase für jedes Kind dar, die jedoch umso komplexer wird, wenn das Kind an einer chronischen Erkrankung wie Typ-1-Diabetes leidet. Seine uneingeschränkte Teilnahme am Gruppenleben ist dabei wesentlich und trägt zur gesunden Entwicklung, sowohl auf psychischer als auch sozialer Ebene bei. Das bedeutet, dass ein an Diabetes leidendes Kind in den Genuss einer vollkommen normalen Schulzeit kommen und an denselben Aktivitäten wie seine Klassenkameraden teilnehmen sollte.
Damit Kindern/Jugendlichen, die von Typ-1-Diabetes betroffen sind, während der Schulstunden eine sichere und kompetente Behandlung zugute kommen kann, ist es wichtig, dass die einzelnen Mitglieder des schulischen Teams über ein Minimum an Kenntnissen bezüglich Typ-1-Diabetes verfügen, und dies sowohl um einigen Vorurteilen entgegenzuwirken, als auch zur Förderung ihrer Integration und ihres schulischen Erfolgs.
Außerdem ist der regelmäßige Austausch zwischen Eltern, dem Ärzteteam, dem schulmedizinischen Team und Ihnen, dem Erziehungs- und/oder Lehrpersonal, durch nichts zu ersetzen.
1. Was versteht man unter Diabetes?
Es gibt zwei Diabetestypen:
- Typ-1-Diabetes
- Typ-2-Diabetes
Der Typ-1-Diabetes, auch „juveniler“ oder „insulinabhängiger“ Diabetes genannt, tritt meist unerwartet bei Kindern oder Erwachsenen unter 40 Jahren auf.
Es handelt sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der der Körper auf irreversible Weise Betazellen der Bauchspeicheldrüse, die für die Insulinbildung verantwortlich sind, zerstört. Dies führt zu einer Abwesenheit dieses Hormons, das für unser Leben so unverzichtbar ist. Insulin ist wesentlich für die Aufnahme von Blutzucker (Glukose), der wichtigsten Energiequelle des Organismus. Wenn kein Insulin vorhanden ist, steigt der Glukosespiegel im Blut deutlich an.
Typ-1-Diabetes ist eine chronische, nicht ansteckende Erkrankung, die man behandeln, jedoch bisher nicht heilen kann. In diesem Sinne lässt sich sagen, dass der Typ-1-Diabetes niemals eine Pause einlegt. Er ist Tag und Nacht präsent, 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche und 365 Tage im Jahr.
Bis heute sind die genauen Ursachen für das Auftreten eines Typ-1-Diabetes noch nicht bekannt. Seine Behandlung besteht aus täglichen Insulininjektionen.
Es ist keine Seltenheit, dass Eltern uns sagen: „Er hat immer viele Bonbons gegessen, wir hätten besser aufpassen müssen“. Trotz und entgegen dem allgemeinen Glauben ist eine zuckerreiche Ernährung NICHT Ursache für die Entstehung des Typ-1-Diabetes.
Der Typ-2-Diabetes, auch „insulinresistenter“ Diabetes genannt, tritt in erster Linie bei Erwachsenen über 40 Jahren auf, auch wenn man diesen Diabetestyp mittlerweile zunehmend auch bei Kindern und Jugendlichen beobachten kann. Dies erklärt sich zum Teil durch die Zunahme an Problemen mit Übergewicht oder sogar Adipositas bei immer jüngeren Kindern.
Im Gegensatz zum Typ-1-Diabetes ist der Typ-2-Diabetes nicht durch eine vollständige Abwesenheit der Insulinproduktion gekennzeichnet, sondern dadurch, dass diese Menschen das von ihnen gebildete Insulin nicht effizient nutzen können.
Der Typ-2-Diabetes kann durch Faktoren des Lebensstils beschleunigt werden (keine regelmäßige körperliche Aktivität, unausgewogene Ernährung usw.).
Seine Behandlung beruht in erster Linie auf einer Änderung des Lebensstils, basierend auf einer fett- und zuckerarmen Ernährung, einer vermehrten körperlichen Aktivität, oral verabreichten Medikamenten und manchmal Insulininjektionen.
2. Erscheinungsformen des Typ-1-Diabetes
Typ-1-Diabetes manifestiert sich nicht immer auf die gleiche Weise und in der gleichen Intensität und die Kinder weisen nicht immer die gleichen Symptome auf.
Die 3 häufigsten Symptome sind:
- gesteigerter Harndrang
- starkes Durstgefühl
- ungewöhnlicher Gewichtsverlust, trotz übermäßigen Hungergefühls
Doch es lassen sich auch folgende Symptome beobachten:
- Konzentrationsschwierigkeiten
- gestörtes Sehvermögen
- Reizbarkeit
- Müdigkeit, Schläfrigkeit
- Übelkeit und Erbrechen
- bestimmter Mundgeruch (nach süßlichem Apfel)
3. Behandlung
Die Behandlung muss auf die Person zugeschnitten, individualisiert und an die Bedürfnisse, den täglichen Rhythmus und die Entwicklung des einzelnen Kindes angepasst werden, und dies ein Leben lang.
Die Bezeichnung „insulinabhängig“ bedeutet, dass Kinder mit Typ-1-Diabetes täglich Insulin spritzen müssen, und dies ihr gesamtes Leben lang.
Derzeit kann Insulin nicht in Tablettenform eingenommen werden, da diese durch das Verdauungssystem zerstört werden.
Die bis heute einzige wirksame Behandlungsmethode ist die Insulininjektion unter die Haut (subkutan), entweder mittels Insulinpen, Insulinspritze oder Insulinpumpe.
Ziel der Insulinbehandlung ist es, einen Glukosespiegel (Blutzuckerspiegel) zwischen 70 und 170 mg/dl aufrechtzuerhalten.
Die Insulindosis muss dabei an den Blutzuckerspiegel, die voraussichtliche und/oder erfolgte körperliche Aktivität und die Ernährung angepasst werden.
4. Kapillare Blutzuckermessung
Die Blutzuckermessung im Kapillarblut ermöglicht das Messen des Glukosespiegels, d. h. den Zuckergehalt im Blut. Dies ist ein wesentliches Element der Behandlung des Typ-1-Diabetes.
Die Messung erfolgt mithilfe eines kleinen Geräts, dem Blutzuckermessgerät, das das Kind immer bei sich tragen sollte.
Blutzuckermessgerät
Idealerweise sollte sich der Blutzuckerwert des Diabetiker-Kindes zwischen 70 und 170 mg/dl bewegen. Trotzdem unterliegen diese Werte im Tagesverlauf normalen Schwankungen.
Wie wird der kapillare Blutzuckerwert berechnet?
Zunächst muss ein Blutstropfen entnommen werden. Die Blutentnahme erfolgt mit einer Stechhilfe. Anschließend wird der Blutstropfen auf einen Teststreifen des Blutzuckermessgeräts aufgebracht.
Wie funktioniert das?
1. Bereiten Sie das Material für die kapillare Blutzuckermessung vor.
2. Wichtig: Achten Sie darauf, dass sich das Kind vorher gut die Hände gewaschen und abgetrocknet hat. Ansonsten kann es zu verfälschten Ergebnissen kommen.
3. Danach müssen Sie in die Fingerseite und wenn möglich nicht in die Fingerkuppe einstechen.
4. Bringen Sie den Teststreifen in Kontakt mit dem Blutstropfen.
5. Lesen Sie den Blutzuckerwert ab und notieren Sie diesen im Überwachungs-Tagebuch des Kindes. Falls Zweifel oder Fragen auftauchen, setzen Sie sich bitte in Kontakt mit den Eltern.
6. Zum Schluss ist es wichtig, das Material zu verstauen und die gebrauchten Produkte in einem dazu vorgesehenen Behälter zu entsorgen. Bitten Sie die Eltern, Ihnen diesen Behälter zur Verfügung zu stellen.
Empfehlungen
Die kapillare Blutzuckerwert wird gemessen:
- vor jeder Mahlzeit (gegebenenfalls vor Zwischenmahlzeiten)
- im Falle von Hypoglykämie (siehe Abschnitt über Komplikationen)
- vor körperlichen Aktivitäten (siehe Abschnitt über Komplikationen)
Besondere Hinweise für Grundschulkinder
Kinder dieser Altersgruppe zeigen in der Regel ein besseres Verständnis für ihre Diabeteserkrankung und die verschiedenen Maßnahmen zu ihrer Behandlung.
Sie haben außerdem ein zunehmendes Bedürfnis nach Autonomie im Hinblick auf den Umgang mit ihrer Diabeteserkrankung.
Praktischer Hinweis: Auch wenn die Eltern die Verantwortung tragen, hindert Sie nichts daran, als Lehr- und/oder Erziehungspersonal bei Bedarf Ihre Hilfe anzubieten. Falls Zweifel auftreten, zögern Sie bitte nicht, diese den Eltern mitzuteilen.
Was die Blutzuckermessung betrifft, so sind die Kinder in der Regel dazu in der Lage, diese eigenständig durchzuführen. Trotzdem kann sich die Beaufsichtigung durch Lehr- und/oder Erziehungspersonal als notwendig erweisen.
Praktischer Hinweis: Wir empfehlen Ihnen, als Lehr- und/oder Erziehungspersonal das Kind bei Blutzuckermessungen zu beaufsichtigen. Dies sollte unter der Verantwortung und formellen Erlaubnis der Eltern oder eines anderen Erziehungsberechtigten des Kindes erfolgen. Falls Zweifel auftreten, zögern Sie bitte nicht, Kontakt mit den Eltern des Kindes aufzunehmen.
5. Insulin
Insulin ist ein Hormon, das in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird und wesentlich für die korrekte Funktionsweise aller Körperzellen ist. Es hilft dem Körper, den Blutzucker zu regulieren, indem es die Aufnahme von Glukose in die Zellen und dessen Umwandlung in Energie ermöglicht.
Anwendung
Die individualisierte Insulinbehandlung eines Kindes mit Typ-1-Diabetes besteht in erster Linie aus einem Behandlungschema mit mehreren Insulininjektionen pro Tag oder aus dem Tragen einer Insulinpumpe.
Dosis
Die notwendige Insulindosis wird durch den behandelnden Arzt in Absprache mit den Eltern und ihrem Kind bestimmt.
Diese Insulindosis kann von einem zum anderen Tag variieren und wird an die folgenden Faktoren angepasst:
- geplante Mahlzeit
- vor dem Essen gemessener Blutzuckerwert
- eventuell geplante und/oder erfolgte körperliche Aktivität.
Injektion
Das Insulin wird unter die Haut in das „tiefe subkutane Gewebe“ (nicht in den Muskel) injiziert, entweder durch mehrere Injektionen pro Tag oder mittels Insulinpumpe.
Verabreichung
- mit dem Insulinpen
- mit der Pumpe
Besonderheiten bei Kindern im Grundschulalter
In diesem Alter sind die Kinder noch nicht in der Lage, die zu verabreichende Insulindosis zu bestimmen, können sie jedoch eigenständig injizieren (bis auf wenige Ausnahmefälle). Die Beaufsichtigung durch einen Erwachsenen ist daher notwendig.
Praktischer Hinweis: Als Lehr- und/oder Erziehungspersonal müssen Sie nicht die zu verabreichende Insulindosis bestimmen. Diese Aufgabe fällt ausschließlich den Eltern zu und dies in enger Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt. Dennoch empfehlen wir Ihnen, darauf zu achten, ob sich das Kind die richtige Dosis injiziert; und dies unter der Verantwortung und formellen Erlaubnis der Eltern. Es ist ratsam, als Lehr- und/oder Erziehungspersonal vorab mit den Eltern oder einem anderen Erziehungsberechtigten des Kindes die Maßnahmen, die ergriffen werden sollen, zu besprechen und dies, um die bestmögliche, an die Bedürfnisse des Kindes angepasste Lösung zu finden.
Entgegen einer verbreiteten Vorstellung, spricht man bei Kindern mit Typ-1-Diabetes nicht von einem Ernährungsplan.
Die Ernährung eines Diabetiker-Kindes sollte gesund und ausgewogen sein (siehe Ernährungspyramide) und unterscheidet sich nicht von den Ernährungsempfehlungen für andere Kinder. Es kann auch Süßspeisen essen.
Es ist wichtig, die Ernährungsempfehlungen für ein Kind mit Typ-1-Diabetes nicht mit jenen für Personen mit Typ-2-Diabetes durcheinanderzubringen. Für letztere wird eine fett- und zuckerarme Ernährung empfohlen.
In der Grundschule ist es bei festlichen Anlässen (Geburtstag, Schulfest usw.) wichtig, vorab die Eltern zu benachrichtigen. So können diese die notwendigen Vorkehrungen treffen, damit ihr an Diabetes leidendes Kind genauso viel Freude an diesen wichtigen, für seine Integration und Entfaltung in der Schulgemeinde unverzichtbaren Momenten hat wie seine Schulkameraden.
Praktischer Hinweis: Das an Diabetes leidende Kind MUSS NICHT anders essen als die anderen Kinder und soll seine Haupt- und Zwischenmahlzeiten zur gleichen Zeit wie die anderen einnehmen; ohne dabei die Verabreichung von Insulin zu vergessen.
Zusammenhang zwischen Lebensmitteln und Blutzucker
Die Wirkung der Lebensmittel auf den Blutzucker hängt in erster Linie von ihrem Gehalt an Kohlenhydraten ab.
1. Lebensmittel, die Zucker enthalten (Kohlenhydrate):
- Stärkehaltige Lebensmittel (Brot, Reis, Nudeln, Kartoffeln)
- Obst (frisch, getrocknet, gekocht, als Kompott)
- Milch, Joghurt und Frischkäse
- Zusätzliches (Süßigkeiten, Bonbons, Kuchen, Schokolade, Chips, Pudding usw.)
- Backwaren
All diese Lebensmittel erhöhen den Blutzucker aufgrund ihres Gehalts an Kohlenhydraten (Stärke, Glukose, Fruktose, Laktose, Saccharose usw.)
2. Proteinhaltige Lebensmittel:
- Fleisch, Geflügel, Fisch, Eier
- Weich- und Hartkäse (Camembert, Brie, Gouda, Parmesan usw.)
All diese Lebensmittel haben wenig Einfluss auf den Blutzucker, da sie wenig (oder keine) Kohlenhydrate enthalten.
3. Fettreiche Lebensmittel:
- Butter, Margarine, Öle und fettreiche Lebensmittel (Fritiertes, Überbackenes, Pizza usw.)
verlangsamen die Aufnahme von Kohlenhydraten und können eine verzögerte Auswirkung auf den Blutzucker haben.
Teamgeist, Kameradschaft und körperliche Aktivitäten sind wesentliche Elemente für ein erfülltes Leben. Diabetes muss an all dem nichts ändern, bedarf aber einiger zusätzlicher Anstrengungen.
Die körperlichen Fähigkeiten eines Kindes/Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes sind genauso gut wie die eines Kindes ohne Diabeteserkrankung, vorausgesetzt, seine Diabeteserkrankung befindet sich unter guter Kontrolle.
Praktischer Hinweis: Man sollte ein Kind mit Typ-Diabetes nicht in seinen körperlichen Aktivitäten einschränken, sei es beim Spielen mit seinen Freunden oder bei einer sportlichen Aktivität, denn diese tragen zu seinem sowohl körperlichen als auch psychischen Gleichgewicht bei.
Praktische Hinweise für Kinder im Schulalter
Körperliche Aktivität senkt den Blutzuckerspiegel. Daher sollte das Kind seinen Blutzuckerwert vor einer körperlichen Aktivität messen und der Wert bei Bedarf mit den Eltern besprochen werden. Man sollte ihm ebenfalls mitteilen, ob es vor und/oder während der körperlichen Aktivität etwas essen darf.
Dabei geht es nicht darum, das Kind übertrieben zu kontrollieren, sondern ihm lediglich die unangenehme Erfahrung einer Hypoglykämie während einer sportlichen oder spielerischen Aktivität (siehe Abschnitt über Komplikationen) zu ersparen.
Auch wenn das Kind immer etwas dabei haben sollte, um den Zuckerwert zu erhöhen, sollten Sie als Lehr- und/oder Erziehungspersonal ebenso stets ein Notfallset zur Glukosezufuhr zur Verfügung haben (zum Beispiel Dextro Energy® oder Saft). Zu diesem Zweck sollten Sie die Eltern bitten, Ihnen etwas zur Glukose-Verabreichung zur Verfügung zu stellen.
Bei jeder vorab geplanten körperlichen Aktivität sollten die Eltern die notwendige Insulindosis entsprechend anpassen. Falls eine körperliche Aktivität zum normalen Programm hinzugefügt wird oder diese entfällt, müssen die Eltern des Kindes informiert werden. Es ist dabei ratsam, vorab mit den Eltern zu besprechen, welche Maßnahmen in solchen Situationen zu ergreifen sind.
Wenn das Kind/der Jugendliche über eine Insulinpumpe verfügt, kann er ohne Probleme an allen körperlichen und/oder spielerischen Aktivitäten teilnehmen. Je nach geplanter Aktivität und Blutzuckerwert kann die Insulinpumpe mit Zustimmung der Eltern abgenommen oder die Insulinzufuhr unterbrochen werden.
Ein Kind/Jugendlicher mit Typ-1-Diabetes muss die Möglichkeit haben, an allen schulischen und außerschulischen Veranstaltungen teilzunehmen. Schließlich tragen diese zur Entwicklung einer positiven Grundhaltung und einem guten Selbstwertgefühl bei.
Unter schulischen und/oder außerschulischen Aktivitäten versteht man:
- Exkursionen
- Ausflüge aufs Land
- Waldspaziergänge
- Musik/Tanz
- Kindergeburtstage
- Skifreizeiten
- usw.
Praktischer Hinweis: Jede im Vorfeld geplante schulische und/oder außerschulische Aktivität erfordert ein gewisses Maß an Organisation in enger Zusammenarbeit mit den Eltern und dies, um die bestmögliche, an die Bedürfnisse des Kindes angepasste Lösung zu finden.
1. Hypoglykämie
Von einer Hypoglykämie spricht man, wenn der Blutzuckerspiegel unter 60 mg/dl abfällt.
Symptome
Die Hypoglykämie manifestiert sich durch eine Reihe an Symptomen, die von einem Kind zum anderen variieren können und sich beim selben Kind im Laufe der Zeit verändern können.
Die Symptome können in ihrer Intensität variieren, je nach dem, wie schnell der Blutzuckerwert abfällt und wie der Blutzuckerspiegel vor dem Abfall war.
Bestimmte Symptome einer Hypoglykämie können durch das Lehr- und/oder Erziehungspersonal erkannt werden, während andere nur vom Kind empfunden werden können. In diesem Alter sind die meisten Kinder bereits dazu in der Lage, eine Verbindung zwischen den empfundenen Symptomen und der Hypoglykämie herzustellen.
Symptome, die durch das Lehr- und/oder Erziehungspersonal bemerkt oder vom Kind empfunden werden:
- feuchte Haut und Hände, Anzeichen von Schwitzen
- blasser Teint
- Zittern, Mangel an Koordinationsfähigkeit
- Veränderung auf der Verhaltens- und Einstellungsebene (Aggressivität, Euphorie, Apathie usw.)
- Reizbarkeit
- Müdigkeit
- Konzentrationsmangel
- usw.
Symptome, die das Kind empfinden kann:
- Nervosität
- übermäßiges Hungergefühl
- Kopfschmerzen
- Sehstörungen
- Benommenheit
- Bauchschmerzen, Übelkeit
- usw.
Praktischer Hinweis: Es ist ratsam, dass Sie als Lehr- und/Erziehungspersonal in der Lage sind, die Symptome einer sich ankündigenden Hypoglykämie zu erkennen. Es kann tatsächlich vorkommen, dass das Kind die Symptome selbst nicht erkennt. Falls Zweifel auftreten, bitten Sie das Kind darum, seinen Blutzuckerwert zu messen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an die Eltern oder einen anderen Erziehungsberechtigten des Kindes.
Verhalten im Falle einer leichten oder moderaten Hypoglykämie
Das Kind/der Jugendliche muss umgehend und vor Ort Glukose zuführen können. Dies erfolgt zunächst mit Zucker zur sofortigen Aufnahme (zum Beispiel: Fruchtsaft, Dextro Energy®), anschließend mit Zucker zur langsamen Aufnahme (zum Beispiel: belegte Brote, Kekse). Es ist hingegen nicht empfehlenswert, auf Zucker-Fett-Mischungen wie Schokoladenriegel oder „Light“-Getränke zurückzugreifen. Das Kind sollte immer etwas bei sich haben, um sich Glukose zuzuführen. Bitten Sie die Eltern darum, Ihnen eine Dose zur Glokosezufuhr bereitzustellen, für den Fall, dass das Kind nichts bei sich trägt.
Wenn es zu einer Hypoglykämie kommt, ist es ratsam, das Kind nicht unbeaufsichtigt zu lassen, solange es sich noch nicht vollständig erholt hat. Nach der Glukosezufuhr kann es durchschnittlich 15 bis 20 Minuten dauern, bis die Symtpome verschwinden.
Falls gerade eine Aktivität stattfindet, muss das Kind/der Jugendliche zunächst abwarten, bevor es die Aktivität erneut aufnehmen kann. Es darf erst dann die Aktivität wieder aufnehmen, wenn die Symptome verschwunden sind und nachdem Sie erneut den Blutzuckerwert kontrolliert haben. Dieser sollte sich im normalen Rahmen bewegen (70–170 mg/dl).
Verhalten bei Symptomen und/oder Klagen des Kindes
1. Beenden Sie jegliche Aktivität.
2. Bitten Sie das Kind, seinen Blutzuckerwert zu kontrollieren.
3. Führen Sie dem Kind Glukose zu.
Zur Auswahl stehen dabei:
1 Saftpackung oder 1 anderes Getränk (kein Light-Getränk) oder 2 Würfel oder 4 Stangen oder 8 Minis Dextro Energy (+/- 10 g Zucker)
und
2 Kekse oder Müsliriegel
Von links nach rechts: Würfel, Stangen und Minis
4. Kontrollieren Sie gegebenenfalls den Blutzuckerwert des Kindes 1 bis 2 Stunden nach der Episode.
Praktischer Hinweis: Das Auftreten von moderaten Hypoglykämien von Zeit zu Zeit unter Insulinbehandlung ist vollkommen normal.
Verhalten im Falle von Hypoglykämie mit Bewusstlosigkeit
Trotz all dieser Vorkehrungen kann es ohne Ankündigung zu einer schweren Hypoglykämie kommen, wenn die ersten Symptome nicht beachtet oder rechtzeitig erkannt werden. Dies passiert jedoch sehr selten.
Im Falle von Bewusstlosigkeit des Kindes ist eine Verabreichung von Glukagon erforderlich. Prinzipiell kann Glukagon durch jede Person verabreicht werden, doch sollte diese vorab entsprechend geschult worden sein.
Glukagon ist ein Hormon, das eine schnellere Freisetzung der Zuckerreserven in der Leber ermöglicht; dies führt zu einer Erhöhung des Blutzuckerspiegels.
Glukagon sollte im Kühlschrank aufbewahrt werden. Falls dies nicht möglich ist, muss darauf geachtet werden, dass das Glukagon am Ende des Schuljahres ersetzt wird, da es bei Nichtaufbewahrung im Kühlschrank nach Ablauf von 12 Monaten nicht mehr verwendbar ist.
Jede Lehr- und/oder Erziehungskraft, die Kontakt mit dem Kind hat, sollte Zugriff auf das Glukagon haben. Falls erforderlich, sollten mehrere Dosen Glukagon an verschiedenen Orten gelagert werden. Bitten Sie die Eltern oder einen anderen Erziehungsberechtigten des Kindes darum, Ihnen Glukagon bereitzustellen.
Verhalten
- Benachrichtigen Sie umgehend die Eltern oder einen anderen Erziehungsberechtigten des Kindes.
- Falls diese nicht erreichbar sein sollten, kontaktieren Sie bitte das DECCP (Diabetes Endocrinology Care Clinique Pédiatrique – Pädiatrische Klinik für Diabetologie und Endokrinologie des CHL) unter der Nummer 621/25 25 28 oder den Notruf unter 112.
- Geben Sie einem Kind, das das Bewusstsein verloren hat oder nicht in der Lage ist, etwas herunterzuschlucken, niemals etwas zu essen oder zu trinken.
- Bleiben Sie ruhig, die Injektion von Glukagon hat keinerlei schädigende Wirkung für denjenigen, der sie erhält, selbst wenn er die Injektion grundlos erhält.
- Verabreichen Sie das Glukagon.
- Lassen Sie das Kind niemals unbeaufsichtigt, solange es nicht wieder bei Bewusstsein ist.
- Geben Sie dem Kind ein zuckerhaltiges Getränk, jedoch kein Light-Getränk (zum Beispiel: Limonade oder Saft) und eine Kleinigkeit zu essen (zum Beispiel: Keks oder Banane), sobald dieses wieder bei Bewusstsein ist.
- Kontrollieren Sie etwa eine Stunde nach der Episode erneut den Blutzuckerspiegel.
Praktischer Hinweis: Wir empfehlen Ihnen, als Lehr- und/oder Erziehungspersonal Glukagon zu verbreichen, und dies unter der Verantwortung und formellen Erlaubnis der Eltern. Falls Fragen oder Zweifel auftauchen, zögern Sie bitte nicht, die Eltern oder einen anderen Erziehungsberechtigten des Kindes zu kontaktieren.
Verabreichung von Glukagon
a. Entfernen Sie die Schutzkappe des Fläschchens mit dem Glukagon-Pulver.
b. Entfernen Sie die Hülle der Spritze und injizieren Sie das Lösungsmittel in das Fläschchen mit dem Glukagon-Pulver.
c. Bewegen Sie das Fläschchen nun sanft, ohne die Spritze herauszuziehen und bis sich das Pulver vollständig aufgelöst hat und die Flüssigkeit klar ist.
d. Saugen Sie nun die Flüssigkeit auf und drehen dabei das Fläschchen auf den Kopf, um das Eintreten von Luft in die Spritze zu vermeiden.
e. Injizieren Sie die Flüssigkeit nun in den Oberschenkel, ohne dabei eine Hautfalte zu bilden. Man kann die Injektion auch durch die Kleidung hindurch vornehmen.
2. Hyperglykämie
Von einer Hyperglykämie spricht man, wenn der Blutzuckerspiegel zu hoch ist (> 180 mg/dl).
Symptome der Hyperglykämie
Zu einer Hyperglykämie kommt es insbesondere dann, wenn zu wenig Insulin im Vergleich zum Blutzucker vorhanden ist.
Eine punktuell und zeitlich begrenzt auftretende Hyperglykämie hat keine weiteren Folgen.
Wenn sie jedoch chronisch wird, d. h. bei wiederholter Beobachtung hyperglykämischer Werte an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen, kann dies mit langfristigen Komplikationen verbunden sein.
Bei manchen Kindern kann eine Hyperglykämie unbemerkt vorübergehen. Ein zu hoher Blutzuckerspiegel kann jedoch folgende Symptome hervorrufen:
- starkes Durstgefühl
- häufiger Harndrang
- Kopfschmerzen
- Konzentrationsschwierigkeiten
- Reizbarkeit
- usw.
Bei anhaltender Hyperglykämie, also einem erhöhten Blutzuckerwert, können folgende Symptome auftreten:
- Bauchschmerzen
- Übelkeit, Erbrechen
- Müdigkeit und Schläfrigkeit
- Gewichtsverlust
- usw.
Praktischer Hinweis: In der Grundschule ist es wichtig, dass Sie als Lehr- und/oder Erziehungspersonal die Eltern über eventuelle beim Kind beobachtete Symptome einer Hyperglykämie unterrichten.
Verhalten gegenüber den anderen Kindern/Jugendlichen als Lehr- und/oder Erziehungspersonal
Sollte es keine Regel geben, wie das Thema in der Klasse behandelt werden soll, ist es einerseits wichtig, nicht so zu tun, als würde Diabetes nicht existieren, andererseits jedoch auch nicht ständig über die Erkrankung zu reden und somit das Kind auf eine an Diabetes erkrankte Person zu reduzieren.
Man kann jedoch als Lehrkraft die Thematik Diabetes auf spielerische und an das Verständnisvermögen der Kinder angepasste Weise integrieren. Dennoch ist es wichtig, dies vorab mit dem Kind, dem Jugendlichen, seinen Eltern oder einem anderen Erziehungsberechtigten zu besprechen und deren Zustimmung zu erhalten.
Ziel sollte dabei nicht sein, dass die anderen Kindern Mitleid für das an Typ-1-Diabetes erkrankte Kind entwickeln, sondern dass die übermittelten Informationen dazu beitragen, die anderen Kinder für das Erleben ihres Klassenkameraden zu sensibilisieren.
Einfache Erklärungsmöglichkeiten
Diabetes: Erkrankung, die ein Leben lang anhält, aber nicht ansteckend ist.
Insulin ist für das Diabetiker-Kind wie ein Medikament, das es ihm ermöglicht, wie die anderen Kinder zu leben.
Niemand ist für das Auftreten der Diabeteserkrankung verantwortlich und wenn man zu viele Süßigkeiten isst, ist das nicht die Ursache der Erkrankung.
Die für die Behandlung notwendige Ausrüstung (Pen, Insulinpumpe, Blutzuckermessgerät, Notfallset zur Glukosezufuhr usw.) darf niemals versteckt oder entfernt werden.
Das Wichtigste in Kürze
1. In Bezug auf die Bedürfnisse eines Kindes mit Typ-1-Diabetes, ist es wichtig:
a. Das Kind normal zu behandeln: Das Diabetiker-Kind muss an Gruppenaktivitäten teilnehmen können. Die Diabeteserkrankung nicht zu verstecken, jedoch auch nicht die Aufmerksamkeit darauf zu lenken.
b. Das Kind dabei zu unterstützen, seine Behandlung zu befolgen und einzuhalten: Wenn das Kind zusätzliche Mahlzeiten einnehmen, seinen Blutzuckerwert messen oder sich Insulin verabreichen muss, so ist es wichtig, ihm die notwendige Unterstützung zu geben.
c. Aufmerksam zu sein bezüglich eventueller Veränderungen, die eine Hypoglykämie oder Hyperglykämie ankündigen können.
2. Ein Kind mit Typ-1-Diabetes unterscheidet sich nicht von anderen gleichaltrigen Kindern, doch müssen je nach Alter folgende Dinge beachtet werden:
a. Es muss stets seine Ausrüstung sowie ein Notfallset zur Glukosezufuhr bei sich tragen.
b. Die meisten Kinder benötigen Unterstützung bei der regelmäßigen Kontrolle ihres Blutzuckerwerts.
c. Die meisten Kinder benötigen Unterstützung bei der Dosisbestimmung und der Insulinverabreichung in Abhängigkeit des Blutzuckerspiegels und seiner Ernährung.
d. Es muss jederzeit etwas trinken können, im Falle, dass eine Hyperglykämie auftritt.
e. Es muss jederzeit auf Toilette gehen können, im Falle, dass eine Hyperglykämie auftritt.
f. Es muss jederzeit etwas essen können, im Falle, dass eine Hypoglykämie auftritt.
g. Nicht vorab geplante Aktivitäten müssen bedacht und mit den Eltern besprochen werden.
h. Festliche Veranstaltungen (Beispiel: Nachmittagsimbiss oder Kindergeburtstag) müssen bedacht und den Eltern vorab mitgeteilt werden.
3. Ein Kind mit Typ-1-Diabetes kann genauso engagiert sein, die Schule ohne Probleme meistern und an sportlichen, schulischen und außerschulischen Aktivitäten teilnehmen – genau wie jedes andere Kind seines Alters auch.
4. Auch wenn der Großteil der Behandlung zu Hause unter dem aufmerksamen Blick der Eltern erfolgt, braucht ein Kind im schulpflichtigen Alter während der Schulzeit die Beaufsichtigung durch einen Erwachsenen bei der Kontrolle seines Blutzuckers und der Insulininjektion. Da sich die Kinder sowohl im Hinblick auf ihr Entwicklungslevel als auch auf ihre Persönlichkeit unterscheiden, ist Ihre Mitarbeit notwendig, sogar unverzichtbar. Dank Ihrer Mitarbeit und Ihres Austauschs mit den Eltern können Sie gemeinsam die Hilfe, die jedes Kind benötigt, anpassen. Nichtsdestotrotz liegt die Verantwortung für die Behandlung zweifellos bei den Eltern.
Jugendliche in Kürze
1. In Bezug auf die Bedürfnisse eines Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes betrifft, ist es wichtig:
a. Den Jugendlichen normal zu behandeln: Der Jugendliche mit Diabetes muss an Gruppenaktivitäten teilnehmen können. Die Diabeteserkrankung nicht zu verstecken, jedoch auch nicht die Aufmerksamkeit darauf zu lenken.
b. Den Jugendlichen dabei zu unterstützen, seine Behandlung zu befolgen und einzuhalten: Wenn er zusätzliche Mahlzeiten einnehmen, seinen Blutzuckerwert messen oder sich Insulin verabreichen muss, so ist es wichtig, ihm dazu die notwendige Zeit zu gewähren.
c. Aufmerksam zu sein bezüglich eventueller Veränderungen, die eine Hypoglykämie oder Hyperglykämie ankündigen können.
2. Ein Jugendlicher mit Typ-1-Diabetes unterscheidet sich nicht von anderen gleichaltrigen Jugendlichen, doch müssen folgende Dinge beachtet werden:
a. Er muss stets seine Ausrüstung sowie ein Notfallset zur Glukosezufuhr bei sich tragen.
b. Er muss regelmäßig seinen Blutzuckerwert messen können.
c. Er muss jederzeit etwas trinken können, im Falle, dass eine Hyperglykämie auftritt.
d. Er muss jederzeit auf Toilette gehen können, im Falle, dass eine Hyperglykämie auftritt.
e. Er muss jederzeit etwas essen können, im Falle, dass eine Hypoglykämie auftritt.
3. Ein Jugendlicher mit Typ-1-Diabetes kann genauso engagiert sein, die Schule ohne Probleme meistern und an sportlichen, schulischen und außerschulischen Aktivitäten teilnehmen – genau wie jeder andere Jugendliche seines Alters auch.
4. Ihre Mitarbeit ist sehr erwünscht, um die Hilfe, die er möglicherweise benötigt, in Absprache mit dem Jugendlichen und seinen Eltern anzupassen.